19. Juli 2023

Blade2Sun: Neues Leben für ausgemusterte Rotorblätter als Tragkonstruktion von Solaranlagen

Das Schweizer Start-up Turn2Sun nutzt Rotorblätter von ausrangierten Windrädern, um darauf Solarmodule zu montieren. Der erste Prototyp wurde in Graubünden in einer Höhe von 2500 m installiert und liefert bereits seit dem Winter 2022/23 Strom. Das Konzept heisst ‚Blade2Sun‘ und schlägt 2 Fliegen mit einer Klappe: sparsamer Umgang mit Ressourcen bei der Installation von Solaranlagen und Wiederverwertung der Teile einer Windenergieanlage, die bisher nur schwer recycelt werden können.

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Draufsicht auf den in Graubünden errichteten Prototypen während der Montage. ©Bild: Turn2Sun

Zurzeit sind weltweit über 300‘000 Windenergieanlagen installiert. In Europa erreichen in den kommenden Jahren rund 25‘000 Windenergieanlagen das Ende ihrer Laufzeit. Nach dem Rückbau können 90 % der Komponenten einer Windturbine recycelt werden. Knackpunkt sind allerdings die Rotorblätter, die aus Verbundwerkstoffen bestehen. Nach ihrer Zerkleinerung werden ausgemusterte Rotorblätter derzeit in der Zementindustrie eingesetzt oder in Müllverbrennungsanlagen verbrannt. Wiederverwertungsmöglichkeiten gibt es bisher kaum, obwohl die Rotorblätter extrem widerstandsfähig sind und Windgeschwindigkeiten von 300 km/h aushalten.

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Prototyp in Graubünden: 2 Rotorblätter von Windkraftanlagen dienen als Höhenstütze für grosse bifaziale Solarpaneele. ©Bild: Turn2Sun

Upcyclen statt recyclen
Turn2Sun bietet jetzt eine patentgeschützte Lösung zur Wiederverwertung von Rotorblättern an: Das Schweizer Start-up setzt sie als Tragekonstruktion für bifaziale Solarmodule ein. Eine erste Pilotanlage wurde in Graubünden in 2500 m Höhe in Zusammenarbeit mit Armasuisse installiert. Die Ergebnisse der Tests belegen die Machbarkeit einer solchen Anlage. Die leichten und biegbaren Rotorblätter erhalten durch das Upcyling-Konzept ein zweites Leben und können viele weitere Jahre im Einsatz bleiben.

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Visualisierung der kombinierten Wind-Solaranlage. ©Bild: Armasuisse

Laut Turn2sun haben bereits mehrere Unternehmen ihr Interesse an Blade2Sun bekundet. Das Schweizer Start-up will seine Erfahrungen aus dem Pilotprojekt in Graubünden dazu nutzen, Blade2Sun auch im Ausland zu vermarkten. Einsatzmöglichkeiten für das innovative Konzept sieht das Unternehmen viele: Die ausgedienten Rotorblätter könnten als Unterkonstruktion für Photovoltaikanlagen über Parkplätzen, Wasserreservoiren oder Infrastrukturen wie Autobahnen oder Schienenwegen genutzt werden.

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Beispiel für die Installation einer Solaranlage auf Rotorblättern über einem Parkplatz. ©Bild: Turn2Sun

Wind- und Solarenergie kombinieren
Turn2Sun und Armasuisse Immobilien arbeiten bereits an einem weiteren Projekt zusammen: Turn2Sun soll eine Solaranlage am Fusse einer funktionierenden Windenergieanlage installieren. Die Kombination der beiden Energieträger Wind und Sonne am selben Standort verspricht eine stabile und sichere Stromversorgung über das ganze Jahr hinweg. Laut Armasuisse liegt die Baubewilligung für die Testanlage am Standort La Stadera in der Region Surselva (GR) bereits vor. Sie soll im Herbst 2024 den vollständigen Betrieb aufnehmen.

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Beispiel für die Installation einer Solaranlage auf Rotorblättern über einem Wasserreservoir. ©Bild: Turn2Sun

An der nationalen Windenergietagung, die am 30. August in Bern stattfindet, wird Raymond Voillat, CEO von Turn2Sun, einen Vortrag halten zum Thema: ‚Vom ausgemusterten Windradflügel zum Photovoltaikmontagesystem‘. Einige wenige Plätze sind noch frei. Melden Sie sich jetzt an!

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Text: Suisse Eole / ee-news.ch, Quellen: Turn2Sun, Armasuisse