23. Dezember 2022
Peter Mayer, SFS Group Schweiz AG: „2024 wollen wir unsere Windenergieanlage bauen!“
„Sechs Windparks haben seit April 2020 grünes Licht vom Bundesgericht erhalten, der letzte war der Windpark Mollendruz Ende November. Er wird die derzeitige Schweizer Windstromproduktion um 80 % erhöhen. Alle sechs Windparks zusammen werden die Windenergieproduktion verdreifachen können. Unsere Nachbarn haben diese Arbeit schon geleistet, indem sie Winde nutzen, die auch bei uns Strom produzieren könnten“. Mit diesen Worten eröffnete Lionel Perret, Direktor von Suisse Eole, das Kantons- und Behördenseminar am 1. Dezember 2022 in Biel.
Perret erinnerte daran, dass laut der jüngsten Studie des Paul Scherrer Instituts eine Kilowattstunde Windstrom derzeit zwischen 7 und 13 Rappen kostet. „Darüber hinaus hat Prof. Christoph Ballif von der EPFL in seiner Studie gezeigt, dass sich Windkraft und Solarenergie auf Tages-, Wochen- und Monatsebene ideal ergänzen. Zudem ermöglicht es dieser Strommix, die Investitionen in den Ausbau der Netze sowie in die saisonale Speicherung zu begrenzen!“ Eine weitere gute Nachricht: die Verbesserung der Rahmenbedingungen. Ab 2023 wird die Windenergie mit Investitionsbeiträgen bis zu maximal 60 % gefördert. „Im Mantelerlass zum Energie- und Stromversorgungsgesetz, der sich derzeit in der parlamentarischen Beratung befindet, ist auch vorgesehen, dass eine Windenergieanlage in eine Eigenverbrauchsgemeinschaft integriert werden kann.“ Der ‚Windenergieexpress‘, eine parlamentarische Initiative von Priska Wismer-Felder, soll die Bewilligungsverfahren für Windparks beschleunigen. Über die Initiative wird das Bundesparlament voraussichtlich im Frühjahr 2023 beraten.

Saskia Bourgeois: „Wir sammeln und koordinieren beim Guichet Unique heute alle Stellungnahmen von Bundesämtern. Auch wenn Sie ein Dokument zum Beispiel beim BAFU oder dem ESTI eingeben, erhalten wir eine Kopie der Anfrage.“
Die Sammelstelle für Windenergieprojekte“
Wer immer ein Windenergie-Projekt bei einem Bundesamt eingibt, der kommt heute automatisch zum Guichet Unique. Für diesen ist Saskia Bourgeois zuständig, die bereits seit 2006 in verschiedenen Unternehmen und Funktionen im Windenergiebereich arbeitet: „Wir sammeln und koordinieren beim Guichet Unique heute alle Stellungnahmen von Bundesämtern. Auch wenn Sie ein Dokument zum Beispiel beim BAFU oder dem ESTI eingeben, erhalten wir eine Kopie der Anfrage“, wusste die Energiefachfrau zu berichten. Lionel Perret unterstrich die Bedeutung des Guichet Unique für die Windenergiebranche. Saskia Bourgeois: „Wir sind die Informationsdrehscheibe, kümmern uns um die Fristeinhaltungen und vermitteln bei Differenzen. Zudem sind wir für die technische Beurteilung von Vorprojekten zuständig.» Über den Guichet Unique lief denn auch die Ende August veröffentlichte neue Windpotenzialstudie (siehe Medienmittelung vom BFE >>): „Es ist nicht der Wind, der sich verändert hat“, erklärte Saskia Bourgeois, „sondern die Technologie: Wo wir vor 10 Jahren noch 2-MW-Anlagen geplant haben oder sogar noch kleinere, sind es heute 5- oder 6- MW-Anlagen, die es nun auch für Binnenstandorte gibt.“ Der Technologiefortschritt ist gewaltig!

«Der Bund baut in Windeseile ein fossiles Kraftwerk, warum soll man dann nicht eine nationale Planung fördern, die die Windenergie priorisiert?“, fragten Lionel Perret und Laurent Scacchi anlässlich der Vorstellung des Windenergie-Konzepts 2030 von Suisse Eole.
6 Terawattstunden Windstrom bis 2030
«Der Bund baut in Windeseile ein fossiles Kraftwerk, warum soll man dann nicht eine nationale Planung fördern, die die Windenergie priorisiert?“, fragten Lionel Perret und Laurent Scacchi anlässlich der Vorstellung des Windenergie-Konzepts 2030 von Suisse Eole. „Dieses Konzept beruht auf 3 Tranchen, d. h. 3 x 2 Terawattstunden (TWh) jährlich, davon mindestens 4 TWh im Winter. Die erste Tranche des Windenergie-Konzepts 2030 besteht darin, die bereits geplanten Projekte mit einer Gesamtleistung von 2 TWh jährlich umzusetzen, die aufgrund der langsamen Bearbeitung der Einsprachen und Rekurse vor den Gerichten blockiert sind. Die zweite Tranche des Windenergie-Konzepts 2030 beruht darauf, jährlich 2 TWh mit Einzelwindrädern zu erzeugen, die von Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen eines partizipativen Ansatzes initiiert werden. Lionel Perret erläuterte: „Die drei Windenergieanlagen am Rhoneknie oder die Anlage von Calandawind in Chur zeigen, dass die Bevölkerung sehr gut mit den Windenergieanlagen leben kann. Ein Zusammenschluss zum Eigenverbrauch von Solarenergie und Windenergie wäre ebenfalls sinnvoll, denn dazu wäre keine Netzverstärkung erforderlich.“ Die dritte Tranche des Windenergie-Konzepts 2030 besteht darin, jährlich 2 TWh auf Flächen mit grossen Infrastrukturen zu erzeugen, wie etwa Randgebiete oder Gebiete von Autobahnen, Rangierbahnhöfe, Militärzonen, Sandgruben, Deponien sowie Industriegebiete oder Industriebrachen. „Bestimmte im Bundeslandschaftsinventar (BLN) ausgewiesene Zonen sowie UNESCO-Welterbestätten und deren Umgebung müssen ebenfalls bei der Interessensabwägung für die Produktion von Windstrom berücksichtigt werden, dies gilt auch für Natur- und Naturerlebnisparks und Wirtschaftswälder, vor allem im Schweizer Mittelland, in den Alpen und den Voralpen.“

Professorin Valérie Défago von der Universität Neuenburg hat das BGE-Urteil analysiert: „Es scheint mir, dass es Fragen aufwirft, aber keine Antworten gibt."
500 m Mindestabstand als Grundsatzurteil – aber nur im Prinzip
Der Entscheid des Bundesgerichts (BGE) über den Mindestabstand von 500 m zwischen Windenergieanlagen und Wohngebäuden in Tramelan hat in der Windenergiebranche einige Wellen geschlagen. Professorin Valérie Défago von der Universität Neuenburg hat das BGE-Urteil analysiert: „Es scheint mir, dass es Fragen aufwirft, aber keine Antworten gibt“. Am 8. März 2015 haben die Einwohnerinnen und Einwohner von Tramelan an derselben Gemeindeversammlung sowohl den Quartierplan des Windparks angenommen als auch eine Initiative, die einen Mindestabstand von 500 m zwischen den Wohngebäuden und den Windenergieanlagen forderte, was der Planung des Parks entgegenstand. Sowohl die Gemeinde als auch der Kanton kamen zu dem Schluss, dass dieser Mindestabstand nicht gültig ist. Die Windenergiegegner legten daraufhin beim Bundesgericht Rekurs gegen diesen Entscheid sowie gegen die Annahme des Windparks durch die Gemeinde ein. Laut der Analyse von Valérie Défago bedeutet der Entscheid des Bundesgerichts hinsichtlich der Abstände, dass eine Gemeinde einen Mindestabstand festlegen kann, selbst wenn dieser im Widerspruch zu übergeordneten Interessen steht. „Das ist ganz klar ein Entscheid zugunsten der Initiatoren der Initiative. Er bedeutet, dass Gemeinden strenger sein dürfen als der Bund. Allerdings muss die Gemeinde eine Interessensabwägung durchführen. Eine Vorschrift der Gemeinde darf zwar bestehen, jedoch nicht als alleinige geltende Regel. Sie muss als eines von mehreren Kriterien berücksichtigt werden.“ Das Bundesgericht hat sich übrigens noch nicht zum Rekurs über den Quartierplan ausgesprochen.

Patrick Jobin: „Die Bevölkerung hat sich mit einer Stimmenmehrheit von 65.05 % für den Gegenvorschlag des Grossen Rats ausgesprochen und die Initiative mit über 60 % der Stimmen abgelehnt.“
Eine Initiative von Windenergiegegnern verleiht der Windkraft im Kanton Neuenburg Auftrieb
„Der Kanton Neuenburg hat ein kantonales Windenergie-Konzept mit 14 Standorten ausgearbeitet, die untersucht wurden, 5 davon wurden beibehalten“, erklärte Patrick Jobin, Jurist beim kantonalen Amt für Raumplanung. Es ist übrigens der Initiative « Avenir des Crêtes : au peuple de décider ! » zu verdanken, dass die Bevölkerung 2014 an der Urne über einen Gegenvorschlag der Regierung abstimmen konnte, mit dem die 5 Standorte durch das nachträgliche Einfügen eines Absatzes in einen Erlass von 1966 in die kantonale Verfassung aufgenommen werden sollten. Der Gegenvorschlag wurde angenommen. Seitdem steht im Erlass über den Schutz von Landschaften des Kantons: „Die Standorte, die im Richtplan für die Installation von Windenergieanlagen mit mehr als 30 Metern aufgeführt sind, werden auf den Plan im Anhang dieses Erlasses übertragen. (…) Die Zonen für Windparks bilden spezifische Zonen im Sinne der Artikel 18 RPG und 53 kantonales RPG, die sich mit den Zonen der Höhenlagen und Wälder überschneiden.“ Patrick Jobin: „Die Bevölkerung hat sich mit einer Stimmenmehrheit von 65.05 % für den Gegenvorschlag des Grossen Rats ausgesprochen und die Initiative mit über 60 % der Stimmen abgelehnt.“ Der Jurist ist der Ansicht, dass dieser neue Artikel praktisch einer vorläufigen Nutzungsplanung einschliesslich der Standorte für die Windparks und der Zahl der Windenergieanlagen gleichkommt! Dadurch kommen auch die Projekte schneller voran, denn die Planung gilt bereits als Baubewilligung. Das Neuenburger Gesetz wurde geändert, um dieses neue Instrument festzulegen. Es umfasst sowohl Elemente eines Nutzungsplans als auch Elemente, die üblicherweise in einer Baubewilligung enthalten sind. Eine Planung, die als Baubewilligung gilt, reduziert die Verfahrensdauer von Projekten also erheblich.

Lionel Perret: „Suisse Eole fordert, das Potenzial von Eigenverbrauchsgemeinschaften besser zu nutzen und dabei die Synergien, die sich für ‚Multi-Energie‘-Versorgungsnetze ergeben, zu berücksichtigen."
Die Technik entwickelt sich schneller weiter als die Gesetzgebung
„Mit dem Investitionsbeitrag von 60 % und den steigenden Strompreisen könnten ab jetzt selbst Windenergieanlagen mit einer Höhe von ungefähr 30 m rentabel werden“, betonte Lionel Perret, der einen kurzen Überblick über die technische Entwicklung gab: Eine Windenergieanlage der neuesten Generation mit einer Höhe von 30 m und einer Leistung von 25 kW hat Gestehungskosten von 25 bis 35 Rappen/kWh ohne Förderung und von 12 bis 20 Rappen/kWh mit Förderung. „In Belgien gibt es Windenergieanlagen der neuesten Generation, die 60 m hoch sind und über eine Leistung von 90 kW verfügen. Die Gestehungskosten liegen bei 15 bis 25 Rappen/kWh ohne Förderung und bei 10 bis 15 Rappen/kWh mit Förderung.“ Der Direktor von Suisse Eole betonte, dass die Begrenzung der Einmalvergütung auf 60 % für Windenergieanlagen mit einer Leistung von mindestens 2 MW willkürlich festgelegt wurde. Solange die Stromversorgung im Winter gefährdet ist, müsse auch die Bedeutung von Einzelwindenergieanlagen anerkannt werden! „Die Technik entwickelt sich schneller weiter als die Gesetzgebung“, stellte Lionel Perret fest. Eine Windenergieanlage mit einer Höhe von 130 m und einer Leistung von 1 MW hat Gestehungskosten von 12 bis 18 Rappen/kWh ohne Förderung und von 8 bis 13 Rappen/kWh mit Förderung. Die Gestehungskosten einer Anlage mit einer Höhe von 230 m und einer Leistung von 6 MW liegen bei 8 bis 14 Rappen/kWh ohne Förderung und bei 5 bis 9 Rappen/kWh mit Förderung. Lionel Perret schliesst mit den Worten: „Das ist ein Geschäftsmodell! Suisse Eole fordert, das Potenzial von Eigenverbrauchsgemeinschaften besser zu nutzen und dabei die Synergien, die sich für ‚Multi-Energie‘-Versorgungsnetze ergeben, zu berücksichtigen. Darüber hinaus müssen Eigenverbrauchsgemeinschaften von den üblichen Steuern befreit werden!“

Peter Mayer: „Eine Windenergieanlage mit einer Leistung von 4-5 Megawatt wird unseren Selbstversorgungsgrad insbesondere im Winter erhöhen."
„In drei Jahren wollen wir die Anlage in Betrieb nehmen!“
„Wir sind bereits an den Windmessungen,“ erklärte Peter Mayer, Head of Technical Services bei SFS, die an der Planung einer Einzelanlage auf dem Firmengelände in Heerbrugg im Rheintal arbeitet. SFS ist ein weltweit führendes Unternehmen für applikationskritische Präzisionskomponenten und Baugruppen, mechanische Befestigungssysteme, Qualitätswerkzeuge und Logistiksysteme. Peter Mayer führt aus: „Jeder von Ihnen ist Kundin oder Kunde von uns! Wir begleiten Sie zuverlässig durch den Alltag. Meist unbemerkt. Weltweit zählt SFS 14‘000 Mitarbeitende, davon arbeiten 2300 in der Schweiz an 38 Standorten.“ SFS hat bereits auf all ihren Dächern Photovoltaikanlagen installiert und deckt damit rund 10 % ihres Strombedarfs. „Während wir die Abhängigkeit von fossilen Energien kontinuierlich gesenkt haben, steigt parallel unser Stromverbrauch“, führte Peter Mayer aus. „Eine Windenergieanlage mit einer Leistung von 4-5 Megawatt wird unseren Selbstversorgungsgrad insbesondere im Winter erhöhen. Wir wollen die Anlage selber finanzieren und der Strom würde ins Mittelspannungsnetz eingespiesen und jederzeit direkt in unserem Unternehmen verbraucht.“ Die Energiestadt-Gemeinde Heerbrugg unterstützt das Projekt, SFS ist mit den Anwohnenden und den Umweltverbänden in Kontakt. „Wir spüren starken Rückenwind, vom BFE, der Bevölkerung. Aber leider hatten wir anfangs starken Gegenwind vom Kanton.“ Peter Mayer stellt fest, dass die kantonalen Behörden mutlos seien und immer vom Worst Case ausgingen. „Wenn wir als Unternehmen so denken würden, gäbe es uns schon längst nicht mehr!“ Ärgerlich seien auch die Verschwörungstheoretiker. „Calandawind ist unser Vorbild, wenn es dort funktioniert, werden wir das auch schaffen. Unser Standort ist bewilligungsfähig. In drei Jahren soll die Anlage laufen. Wir haben keine Zeit, länger zu warten!“